Donnerstag, 27. Jänner 2011
Nationalpark Alerce Andino
Wir fahren auf der Ruta 7 (Carretera Austral) nach Lenca und besuchen von dort aus den Parque National Alerce Andino. Es handelt sich um denselben Nationalpark, in dem wir auch am Mittwoch, dem 19. Jänner, schon einmal waren. Allerdings liegt der Eingang, durch den wir den Urwald heute betreten, ca.12 km südlich von unserem damaligen Ausgangspunkt. Auf der aus Naturschutzgründen unasphaltierten Zufahrt zum Park sehen wir, wie hier Imkerei betrieben wird. Chilenischer Honig ist ebenso wie Wein ein landesspezifischer Exportartikel, der auch über Fair Trade vermarktet wird.Chilenischer Ulmohonig mehr... |
Der Regenwald macht seinem Namen Ehre und es dauert nicht lange, bis wir trotz
Regenschutz ziemlich durchnässt sind. Der Weg durch den Wald ist gepflegt und
befestigt. Ein Abweichen, soweit überhaupt möglich, ist nicht ratsam, da der Boden
„GRUNDLOS" ist und eine Orientierung im Dickicht unmöglich ist.
Unsere Wanderung führt uns zu einer fast 3000 Jahre alten Alerce.(Fitzroya
cupressoides) Dieser
südamerikanische Baum hat seinen Namen nach dem englischen Admiral Fitzroy, der mit
Charles Darwin von 1831 bis 1836 seine Weltreise unternahm. Die Alerce ist heute nur
noch im südlichen Chile und in Argentinien beheimatet. Übernutzung hat das natürliche
Verbreitungsgebiet massiv verkleinert. Nur in Nationalparks und wenigen,
unerschlossenen Gebieten der Anden sind noch unberührte Naturbestände zu finden.
Schutzmaßnahmen waren nicht ausreichend, da die meisten Naturstandorte in privatem
Besitz sind. Bei 45 bis 50 Metern Höhe werden Stammdurchmesser von 3 bis 5 Metern
erreicht.
Das älteste Exemplar wurde mit 3.600 Jahren datiert. Kennzeichnend sind ihr gerader
Wuchs, eine schmale Krone mit hängenden Ästen und eine bis zu 4/5 astfreie
Stammlänge. Das leichte und dauerhafte Holz wurde seit dem 16. Jahrhundert genutzt.
Noch heute existieren Holzhäuser der ersten Siedler aus Alerceholz, das dem Holz des
kalifornischen Riesenmammutbaumes sehr ähnlich ist. Das Klima in den natürlichen
Verbreitungsgebieten wird durch hohe Jahresniederschläge von 2000 bis 6000mm
geprägt. Die Fitzroya cupressoides wächst zwischen 500 und 1200m Seehöhe.
Patagonische Zypresse oder Alerce (Fitzroya cupressoides) und ihr Verbreitungsgebiet |
Informationen zu Bäumen:
http://www.hubertus-nimsch.de/pages/wi_ver_fitzroya.htm
http://www.conifers.org/cu/Fitzroya.php
Den Rückweg treten wir nass an und weil es viel „nässer" ohnehin nicht geht, wählen wir als Variante einen seit Jahren aufgelassenen Weg, der sich bereits teilweise zum Urwald rückentwickelt hat. Arvid kennt den Pfad und so laufen wir nicht Gefahr, irgendwo im Moos oder Geäst zu versinken. Wir bewegen uns hier durch einen gemäßigten Regenwald.
Nalca, Riesenrhabarber (Gunnera tinctoria) | Riesenfarne: Palmita (Lophosoria quadripinnata) und Costilla de Vaca (Blechnum chilense) |
Die Jahresniederschlagsmengen betragen 2000 bis zu über 6000mm an den Westhängen. Feuchte pazifische Luft bewirkt Steigungsregen an den Hängen der Anden. Der maritime Einfluss verursacht milde Winter und kühle Sommer. Auf unserer Wanderung begleitet uns stets das laute Geschrei des Chucao Tapaculo (Scelorchilus rubecula). Wir finden uns mit Arvids Anweisung „Schaut lieber auf den Boden, ihr seht ihn sowieso nicht. Den hab ich selber kaum je gesehen." ab. Freundlicherweise lässt sich dennoch plötzlich neben dem Weg einer der Schreihälse nieder und lässt sich knpisen. Ein richtiges Foto habe ich dem Internet entnommen. Wer mehr über die chilenische Vogelwelt erfahren möchte, dem empfehle ich den nicht ganz übersichtlichen aber ausführlichen Link: http://www.birdlist.org/vogel/chile.htm
Der Bewuchs des Regenwaldes besteht vorwiegend aus Chilezeder, Patagonischer Zypresse und verschiedenen Scheinbuchen. Alle Arten kommen nur auf der Südhalbkugel vor. Die Verbreitung der verschiedenen Scheinbuchenarten ist besonders interessant, weil sie sich schon entwickelt hatten, als der Urkontinent Gondwana noch existierte. Nach dem Auseinanderdriften der Landmassen liegen nun die Areale der Arten weit auseinander.
Eine schöne Animation hierzu http://homepages.see.leeds.ac.uk/~eargah/Gond.html
Der chilenische Regenwald ist der zweitgrößte temperierte Regenwald (d.h. außerhalb der Tropen liegende Regenwald) der Erde. Die Holzindustrie zerstörte große Teile und die Zerstörung hält teilweise noch an. Die kahl geschlagenen Flächen werden mit schnell wachsenden, fremdländischen Baumarten aufgeforstet, was eine zusätzliche Belastung für das ökologische Gleichgewicht darstellt. Besonders problematisch ist die intensive Bodenausbeutung durch Eukalyptus. Diese extrem rasch wachsende Baumart wird in Plantagen angelegt, die in 10 Jahren erntereif sind. Dann wird erneut gepflanzt. Nach drei Ernten ist der Boden weitgehend ausgebeutet! Eukalyptus benötigt sehr viel mehr Wasser als die meisten heimischen Arten und senkt durch die Entnahme den Grundwasserspiegel. Dünger, Pestizide und Herbizide vergiften zusätzlich Wasser und Boden im Umfeld der Plantagen. 70% des Holzes stammen aus Plantagen, der Rest aus Naturwäldern. Neben Bergbau, Landwirtschaft und Fischerei zählt die Holzwirtschaft zu den wichtigsten Wirtschaftssektoren Chiles
Die Siedlungen am Stadtrand von Puerto Montt, hier mit der landestypischen Wasserversorgung, wie man sie auch bei Häusern auf dem Land findet, entlocken uns immer wieder ein gewisses Staunen.
Am Abend „kochen" wir heute selber und wärmen im Mikrowellenherd zwei hartgekochte GESCHÄLTE Eier für Arvid, der sich weigert, sie vorher zu vierteln. Minuten NACH der Entnahme bersten sie zu unser aller Erstaunen mit dumpfem Knall. Hätten wir bei Hofer eine Mikrowelle um € 40.- gekauft und die Gebrauchsanweisung gelesen, wären wir nicht so erstaunt gewesen.
© Text + Fotos: Wolfgang Raab, Bad Ischl, Austria Web: Arvid Puschnig, Hosteria Outsider, Puerto Varas, Chile