Mittwoch, 2. Februar 2011
Ein guter Grund wiederzukommen
Heute fahren wir mit Heinz in Richtung Reserva National Llanquihue. Er hat dort Land, Grundstücke und ein Haus, in dem ein Künstler mit Familie gratis lebt und auf seine Grundstücke schaut. Die Lage nahe am Vulkan Calbuco ist äußerst ruhig, zum Leben aber etwas abseits der Zivilisation.
Der letzte größere Ausbruch fand 1961 statt. Es handelt sich auch hier um einen der vielen tätigen Vulkane Chiles.
Zwischenbemerkung: |
Seit Wochen (ich schreibe heute am Montag, 27. Juni 2011) wird fälschlicherweise behauptet,
in Chile sei der Vulkan Puyehue ausgebrochen. Tatsächlich handelt es sich um
einen Ausbruch im nahe gelegenen Cordón Caulle. Fantastische Bilder des aktuellen Ausbruchs unter:
http://www.emol.com/especiales/2011/fotoshd/erupcion-volcan/
Vielleicht nicht ganz so spektakuläre, weil weniger nachbearbeitete
Bilder finden sich auch unter http://www.chilereisen.at/vulkan-puyehue-ausbruch.htm
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Das alte Haus aus Holz, in dem Heinz die ersten Jahre in Chile verbrachte, stand dort, wo das Auto parkt. Hier brachten er und seine Frau, besser gesagt, seine Frau und er ihre ersten Kinder zur Welt. Erst später siedelten sie sich in Nueva Braunau in der Nähe von Puerto Varas an.
Bevor wir nach Nueva Braunau zu Heinz' Domizil fahren, machen wir einen kleinen Ausflug zum Rio Blanco, der den Calbuco entwässert. Es führt ein botanischer Lehrpfad zu einem Wasserfall. So konnten wir neben Alercen, Südbuchen, Canelos (heiliger Baum der Mapuche, unter dem Canelobaum wurde Recht gesprochen) die chilenische Haselnuss, den chilenischen Feuerbusch und Coicopihues (Philesia magellanica) sehen.
Eine Tafel auf dem Parkplatz macht uns auf eine Süßwasserlachszucht der Marine Harvest aufmerksam.
Lachsfarmen im Meer haben wir ja schon viele gesehen. Dies ist die Gelegenheit ein wenig über Marine Harvest und Lachszucht in Chile zu berichten. Details über das Geschäft mit dem Lachs weltweit und die Vormachtstellung von Marine Harvest erfährt man am besten auf der Homepage: http://www.marineharvest.com/en/
Hier kann man sich eingehend über Zucht, Produktion, Produktpalette, Qualität, Vermarktung etc. informieren. Man erhält den Eindruck Fisch, insbesondre Lachs sei ein gesundes Nahrungsmittel und Lachszucht sei eine vernünftige Alternative gegenüber dem Leerfischen der Ozeane.
Mit dieser "Fischpumpe" werden die 12cm großen Lachse in Tankwagen befördert |
Lage der Fischzucht am Rio Blanco am Fuße des Calbuco |
Nimmt man dieses Riesengeschäft etwas näher unter die Lupe, kommt man aus dem Staunen und Grau(s)en nicht heraus:
* Lachse sind hier eingebürgert und können, aus Zuchten entwichen, das Ökosystem empfindlich stören.
* ISA (Infectious Salmon anemia) eine infektiöse Viruserkrankung wurde mit Lachsbrut aus Norwegen importiert und gefährdet auch heimische Fischbestände.
* Pro kg Lachs werden 5 kg Fischmehl verfüttert. 90% der chilenischen Meeresfischerei verschlingt die Produktion von Fischfutter.
* Um Krankheiten zu verhindern werden hunderte Tonnen Antibiotika, Pestizide und Farbstoffe ins Futter gemischt und relativ unkontrolliert ins Meer eingebracht. Nach 18 Monaten Mast ist Lachs ein chemisch und biologisch belastetes Produkt.
* 200000 Lachse, die typische Anzahl Lachse in einer Farm, produzieren Fäkalien wie eine Stadt mit 60000 Einwohnern. Bei 100 Mio. Lachsen, die in Chile in Aufzucht sind, gelangt so ein Fäkalienäquivalent von 30 Mio. Menschen ungeklärt in den Ozean.
* Der Fischkot, das nicht verzehrte Futter nebst den durch Krankheit verendeten Lachsen verwandelt die Meeresböden um die Zuchtfarmen zu Todeszonen für andere Meeresbewohner. Ist das Meer tot, zieht die Fischfarm weiter in den Süden.
* Die Rentabilität ergibt sich nicht nur aus dem gegenüber Europa doppelten Besatz der Fischkäfige. Der Faktor Mensch spielt eine entscheidende aber dramatische Rolle dabei. In Chile sterben im gleichen Zeitraum ca. hundertmal so viele Wartungstaucher wie in Norwegen. Sie sind jämmerlich ausgerüstet, arbeiten ohne Rettungstaucher also ohne Sicherheitsstandards, wie sie weltweit vorgeschrieben sind. Sie stehen unter Druck jedes unmenschliche Risiko einzugehen. Wer sich weigert verliert den Job.
* Der WWF schaut angesichts einer von Marine Harvest jährlich fließenden Spende von 100000€ ziemlich tatenlos zu. Nein Marine Harvest wirbt stolz mit dem Pandabären. Bemerkenswert!
So viel zum chilenischen Lachs. Freilich steht es um den europäischen Lachs besser, aber nicht so viel wie man meinen könnte. Massentierhaltung zur Eiweißgewinnung ist und bleibt problematisch ob bei Huhn, Truthahn, Rind, Schwein oder Fisch. Das kann auch kein ÖKO-Pickerl-Schmäh verhindern. Ich beginne die Gegner der Tierfabriken und deren nicht ganz unproblematischen Methoden zunehmend besser zu verstehen. Na dann MAHLZEIT! Im Folgenden sind Links angeführt, die zu kritischen Artikeln führen, aus welchen ich meine Informationen "destilliert" habe. Die
TV-Dokumentation "Lachsfieber" sollte man sich jedenfalls anschauen!
http://www.wilfried-huismann.de/lachsfieber.html
http://renegraeber.de/blog/lachsfieber-wwf-sterben-der-meere/
http://www.quetzal-leipzig.de/lateinamerika/chile/chile-fisch-lachsfarmen-umwelt-folgen-privatisierung-des-meeres-19093.html
http://www.magda.de/76/artikel/lachszucht-notzucht-am-meer/
Wir machen also einen rundum feucht- nassen Spaziergang durch den uns jetzt schon gut bekannten Regenwald zum Wasserfall und zurück. Hier lesen wir auf einer Informationstafel: jährlicher Niederschlag 4000 - 5000 mm! Also kein Wunder wenn es hier regnet. Auf der Farm ? Ranch? Hazienda? hat Heinz' Sohn das Thermalbad schon in Betrieb genommen. Die Eisenwanne ist von unten befeuert, mit Schlot am anderen Ende. Heinz' Affinität zu Eisen veranlasste ihn eine aufgelassen Tunnelröhre zu kaufen. Aus dem Innenleben der Röhre schweißt er jede menge Kufen für bewegliche Häuser und Hütten und unter anderem auch dieses Thermalbad 2x3x1m. An diesem kühlen Tag ist ein Warmbad mit Abkühlmöglichkeit im Naturschwimmteich genau das Richtige. Ein Jauserl mit Bier trägt zusätzlich zu unserem Wohlbefinden bei.
Nach diesem beschaulichen Nachmittag zeigt uns Heinz ein zum Verkauf anstehendes Grundstück in unmittelbarer Nähe zu seinem Haus. Die Nähe zu Nueva Braunau, die vorhandene Infrastruktur und die schöne Lage in der fruchtbaren landwirtschaftlichen Umgebung machen es Rüdiger leicht, seine Kaufentscheidung zu treffen. Somit bin ich seit 3.Februar 2011 Vater eines Sohnes mit Grund in Chile. Ein guter Grund einmal nachzuschauen ob er noch da ist, ein wenig Heu einbringen, Zaun reparieren, Schnee oder Asche schaufeln, etc.
Schließlich war die Freude auf beiden Seiten und Heinz lädt uns zusammen mit Frau und dem jüngeren Teil seiner Familie zum Essen ein.
Auch dieser Tag war somit voller Überraschung und vielleicht sogar eine Weichenstellung für die (eine) Zukunft (in Chile). Ich jedenfalls plane eine etwas längere Chilereise (4 bis 6 Wochen) im Zeitraum zwischen 27.Dezember 2012 und
17.Februar 2013. Welche mit mir kompatible Person möchte mitkommen? Ich wende mich natürlich in erster Linie an die
nächsten Angehörigen und Freunde. Die vorläufige Planung: ca. 2,5 Wochen "Norden", ca.1 Woche "Mitte", ca. 2,5 Wochen Süden. Schön wäre natürlich, wenn Arvid 2/3 der Zeit mit dabei wäre. Ich lasse mich natürlich von ihm gerne beraten.
© Text + Fotos: Wolfgang Raab, Bad Ischl, Austria Web: Arvid Puschnig, Hosteria Outsider, Puerto Varas, Chile Tel.+56 (0)65 2231056