Reisebericht mit vielen Fotos von einer Chilereise vom November und Dezember 2012 |
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Auf der Panamerikana von Puerto Varas in den Norden
Die Panamerikana ist ein System von Schnellstraßen, das den amerikanischen Kontinent von Norden nach Süden durchzieht. Es gibt so etwas wie eine historische Originalroute. Diese beginnt genau genommen in Laredo in Texas
225 km nördlich von Monterrey und endet in Buenos Aires. (Das kalifornischen Monterey, südlich von San Francisco, in dem John Steinbecks "Cannery Row" spielt, liegt nicht an der Panamerikana und ist vom mexikanischen Monterrey 2800 km entfernt.) Touristisch gesehen gibt es weitere Straßensysteme, die man unter diesem Titel zusammenfasst. Es ist klar, dass der große Sprung über die Autobahn
von Puerto Varas nach Los Andes, nördlich von Santiago, anstrengend wird. Interesssant ist aber die Reise durch die verschiedenen Klimazonen. Zunächst geht es durch Landschaften,
die von Viehhaltung, Fleisch- und Milchwirtschaft geprägt sind. Hier wechseln noch Wiesen mit Wäldern. Allerdings ist der Wald zum Teil bereits
Kulturwald und vom Eukalyptus geprägt.
Dieser Baum ist enorm schnellwüchsig. Er wird im großen Umfang in riesigen Flächen gezogen. Die hohen, relativ dünnen Stämme sind leicht zu ernten und werden für die Papierindustrie verwendet. Zurück bleiben hässliche Kahlschläge, die rasch wieder aufgeforstet werden, um in kurzer Zeit wieder nachzuwachsen. Auch riesige Aufforstungen von Kieferwäldern konnte ich sehen. Der Übergang in die etwas wärmere Region ist naturgemäß fließend.
Zunehmend ist Ackerbau, Obst- und Gemüsebau sowie Weinbau anzutreffen. Auf den letzten 300 Kilometern vor Santiago verdichtet sich
die Bebauung zu beiden Seiten der Carretera. Ganz dicht an dieser wichtigsten Verkehrsader
Chiles liegen die Betriebe, Fabriken, Lagerhallen und Logistikzentren, die die landwirtschaftlichen Produkte verarbeiten, verpacken und ausliefern. Dazwischen sind Industriebetriebe für Bau- Forst- und Landwirtschaftlichen Gerätebau angesiedelt. Die Betriebe, wie auch die Besiedlung reicht dicht an die Autobahn. Angefangen von Obst, Gemüse, Korbwaren,
Besen und Möbel. kann man fast alles entlang der Autobahn bei einem kurzen Stopp kaufen. Bei manchen Häusern führt die Gartentür direkt auf den Pannenstreifen. Dieser wird hier deutlich mehr als bei uns genutzt. Außer zu oben beschriebenen Geschäftszwecken auch als Bushaltestelle, Geh-, Rad- und Reitweg in beiden(!)
Richtungen! Mir fällt gar nicht alles ein, was ich an Kuriositäten hier neben der, ja an der Autobahn schon gesehen habe. Zu den Highlights zählt allerdings ein "Geisterradfahrer", der uns in aller Ruhe, wohlgemerkt mit Warnweste und Sturzhelm, auf dem
1 m breiten Streifen neben der Überholspur ENTGEGEN kam. Dass ganze Familien die Autobahn überqueren ist eigentlich fast normal. Das geht hier alles und keiner regt sich auf. Ich kenne die Unfallstatistik nicht und hoffe nur, dass die menschliche besser als die tierische ausfällt.
Santiago kenne ich lediglich vom Flugzeug, Flughafen und von der Autobahn aus. Großstädte haben für mich wenig Reiz.
Auf dem Foto rechts unten übersiedelt wohl einer und benützt die kostenpflichtige mit
elektronischem Mautsystem ausgestattete Stadtautobahn. Man wird fotografiert und bekommt eine
Rechnung.
Die Autobahnmaut ist mit 3,5 Cent/km übrigens geschmalzen. Hoffentlich spricht sich das nicht bis in unsere Regierungskreise
durch.
Ergänzung von Arvid: Oben genannter Preis gilt für die Überlandautobahn. Bei den Stadtautobahnen in und um Santiago kommt man locker auch auf das Zehnfache. So kostete uns die Durchfahrt durch Santiago im Dezember 2012 stolze 6850 Pesos für ca. 30 Kilometer, was umgerechnet etwa 35 Eurocent pro Kilometer ausmacht. Nebenbei muss noch erwähnt werden, dass ein Ausweichen auf eine nicht mautpflichtige Strasse so gut wie nie möglich ist. Übrigens, die chilenische Regierung ist an dieser Misere nur insofern beteilgt, als sie seinerzeit zugelassen hat, dass die Autobahnen von privater Hand finanziert und gebaut wurden und somit jetzt natürlich privat betrieben werden.
Nördlich von Santiago wird die Landschaft fast schlagartig kärglicher. Es ist heiß und trocken, gibt aber
dank Bewässerung noch Weinbau.
Gut, dass wir im Hotel in Los Andes eine Klimaanlage haben. Ein Ausflug in das 60 km entfernte Portillo ist trotz langer Fahrt
heute noch möglich. Die Auffahrt zum Paso del Cristo Redentor (in Argentinien
oft auch Paso del la Cumbre genannt) ist ein Erlebnis. Der Andenübergang zwischen Mendoza (Argentinien) und
Valparaiso bzw. Santiago de Chile (Chile) ist stark von LKWs frequentiert. Auf den letzten Kilometern gibt es beachtlich viele
Haarnadelkurven (29 Kehren), wie auch aus dem Luftbild ersichtlich ist. Die 7. Etappe der Rallye Dakar 2009 entsprach genau diesem Streckenabschnitt.
Ruta 5 nördlich von Santiago |
Luftbild, Paso del Cristo Redentor |
Rallye Dakar 2009 Paso Cristo Redentor |
Paso del Cristo Redentor |
Wenige Kilometer vor der Passhöhe erreicht man Portillo. Dieser Wintersportort in Chile auf 2860 m Höhe ist einer der größten in Südamerika. Dort fand 1966 die erste und bisher einzige Alpine Skiweltmeisterschaft in der südlichen Hemisphäre statt. Es war nicht das Jahr der Österreicher.
Das Ergebnis der Ski-WM 1966 in Portillo:
1. Frankreich(7Gold, 7Silber, 2Bronze)2. Italien(1Gold)
Carlo Senoner
3. Österreich (1Silber, 2Bronze)
Karl Schranz,
Heidi Zimmermann
4. Deutschland (3Bronze)
Franz Vogler, Ludwig Leitner
Burgl Färbinger
5. USA (1Bronze)
Penny McCoy
Im Hotel gibt es viele Erinnerungsfotos und die Bilder unzähliger Weltcupteams, die im
europäischen Sommer immer noch dort trainieren. Am meisten freut mich, dass ich meinen wiedergenesenen
Ischler Nachbarn, Hans Grugger, auf einem Foto wiedererkenne.
Wer heute in Chile zur besseren Gesellschaft zählt hat eine private Schihütte in Portillo, das übrigens sonst nur aus diesem Hotel und ein paar einfacheren Häusern besteht.
Der zweite von links ist Hans Grugger |
Schigebiet um Portillo | Zwei der insgesamt 14 Liftanlagen |
"Schihütten" |
Tags darauf verlassen wir Los Andes, um auf der Ruta 5, die weiterhin als Autobahn - mit den erwähnten Spezialitäten -
ausgebaut ist, rasch weiterzukommen.
Genau genommen bewegen wir uns jetzt bereits auf der Original-Panamerikana, die von Buenos Aires aus über den Paso del
Cristo Redentor zur Ruta 5 und dann in den Norden führt.
Weiter im den Norden gedeiht der Wein, soweit die Bewässerung in höhere
Regionen reicht.
Bei El Melón geht es über einen kleinen Pass, weil die Aussicht im Tunnel
schlecht und der Autobahntunnel natürlich zusätzlich mautpflichtig ist.
Es wird zunehmend trockener, obwohl wir uns unmittelbar am Pazifik bewegen, wie an der Ausstattung der Rastplätze und an der Flora deutlich zu erkennen ist. Das Meer samt darin befindlichem und gesichtetem Wal lassen wir im wahrsten Sinn des Wortes einfach links liegen.
Rastplatz vor La Serena |
Gazanien sind in Chile beliebte Gartenblumen |
Kaktusblüte | Auch in Chile setzt man bereits auf Windkraft. |
Mit Erdöl und Erdgas ist Chile weitgehend von Argentinien abhängig, da die Wasserkraft längst noch nicht optimal genutzt wird. Wie berichtet stößt man beim Thema Stauwerke aber auf massiven nationalen und internationalen Widerstand in den Naturreservaten Patagoniens. mehr dazu...
Das La-Silla-Observatorium auf dem 2.400 m hohen gleichnamigen Berg war das erste Observatorium der ESO (European Southern
Observatory) auf der Südhalbkugel. Es wurde 1969 eröffnet und liegt ca. 150 km nördlich von La Serena. Insgesamt stehen bzw. standen über 15 Teleskope dort, die zum Teil von der ESO, zum Teil aber auch von Universitäten betrieben wurden und werden. Obwohl das Very Large Telescope
(VLT) des Paranal-Observatoriums der ESO, das sich ebenfalls in der Atacama befindet, mit 4 zusammengeschalteten
Teleskopen mit 8,3-Meter-Spiegeln weitaus leistungsstärker ist, spielt La Silla wissenschaftlich noch immer eine wichtige Rolle.
Wir fahren bis auf
10 km heran und machen vor dem Schranken, der für Besucher nur am Wochenende geöffnet ist, eine kurze Pause um die Gegend zu genießen.
Von Minute zu Minute ändert sich Anblick der gesamten Anlage des Observatoriums in der marsähnlichen Landschaft.
Abzweigung zum Observatorium La Silla |
Observatorium La Silla auf 2400 m |
ESO-Observatorium Cerro Paranal (VLT) |
Halbwüste beim Observatorium La Silla |
Die Sonne sinkt in dieser Breite rascher als bei uns, d.h. es wird schneller dunkel. Endlich haben wir einmal übersehen zu tanken, damit wir auch wissen, warum wir 25 Liter Benzin auf der Ladefläche mitgeführt haben. Es war wirklich unser Fehler.
Bei untergehender bzw. bereits untergegangener Sonne erreichen wir die
Bergbau- und Hafenstadt Chañaral, und finden eine freie Hosteria, die Arvid von
seinen früheren Reisen in den Norden kennt. Von hier aus machen wir tags darauf
den ersten Ausflug in die Atacama.
Die Atacamawüste erstreckt sich ca. 1000 km entlang der Pazifikküste zwischen
dem 18. und 27. südlichen Breitengrad. Es ist eine der trockensten Landschaften
der Erde. Es gibt Orte, an denen jahrzehntelang kein Regen registriert wurde.
Ostwinde sind trocken und bringen keine Niederschläge. In Küstennähe
verhindert der Humboldtstrom, die Entwicklung von Regenwolken, so dass kein
Steigungsregen fällt. Das kalte Meerwasser bedingt allerdings, dass in Küstennähe
oft Nebel vorherrscht, der sich wenige Kilometer landeinwärts ausbreitet. Das
Klimaphänomen des El Nino führt im Abstand von sechs bis zehn Jahren zu
heftigen Niederschlägen, welche die Wüste für einen kurzen Zeitraum zum Erblühen
bringen. Die jährlichen Niederschlagsmengen schwanken regional zwischen 1 und
50 mm pro Jahr und für 200 mm Gesamtniederschlag benötigt man im Mittel 10
Jahre, sagt die Statistik
Die Abwesenheit von Niederschlägen wird durch die Küstennebel ausgeglichen, die am 800 m hohen Plateau aufsteigen und einige Kilometer in die Wüste reichen.
Nach 3km tauchen wir in den Nebel und es wird kühl. Bedingt durch die Feuchtigkeit gibt es hier das ganze Jahr über Vegetation.
Auf 820 m wird es richtig kalt, neblig, windig und ungemütlich.
Manche Eidechsen (ca. 8cm groß) sind ebenso geduldig wie dieser Braunsteiß-Diuca-Fink und rühren sich nicht von der Stelle.
Auf der Rückfahrt führt der Weg durch eine vulkanische Schlucht, die durch Erosion einer pyroklastischen Schicht entstand. Die Farben von Gestein und Sand wechseln von weiß über gelb, rot, braun, grün bis schwarz . Sie variieren je nach Beleuchtung und sind eine Augenweide im wahrsten Sinn des Wortes.
Am späten Nachmittag kehren wir in die Bergbau- und Hafenstadt Chañaral zurück. Der weiße Strand ist wunderschön und beeindruckend, aber durch die Flotationsrückstände des Kupferbergbaues vergiftet und zum Baden ungeeignet. Wichtigste Wirtschaftsfaktoren der 13000 Einwohner beherbergenden Stadt sind der Bergbau und der Hafen. Da die Stadt an der Panamericana liegt, ist sie auch touristisch als Zwischenstation von Bedeutung.
Das typisch chilenische Stadtleben in einer Kleinstadt, das nicht vor 10 Uhr beginnt aber bis Mitternacht dauert, ist für unsere Begriffe seltsam. Winzige Läden neben gepflegten Geschäften, adrette Menschen neben ärmlichen Bewohnern, herrenlose Hunde aller Farben und Rassen auf Schritt und Tritt, Eltern mit Kleinkinderum 10 Uhr
abends auf der Straße mutet immer wieder etwas seltsam an. Wir essen in einem Lokal, dem man von außen (und innen) nicht ansieht, dass hier gut gekocht wird. Arvids Langzeitgedächtnis sei Dank! Ich hätte für mich hier bestenfalls ein vertrauenswürdiges Kaffeehaus
gefunden.
Ein Schild sagt uns, wo wir uns bei einem allfälligen Tsunami in Sicherheit bringen können.
Von Chañaral nach San Pedro de Atacama ist es eine für chilenische Verhältnisse moderate Entfernung von 750 km. Daher ist Eile unangebracht, zumal auf dem Weg keine besonderen Sehenswürdigkeiten zu verzeichnen sind. Die Wüstenlandschaft der Atacama ist aber dennoch faszinierend, da sie sich immer wieder ganz plötzlich ändert. Wer meint, eine Fahrt durch eine Wüste wäre langweilig, irrt und wer solches behauptet ist entweder noch nie durch eine Wüste gefahren oder hat einfach zu wenig Beobachtungsgabe. In Bildern lässt sich dies kaum festhalten, zumindest nicht für einen Laienfotografen wie mich.
Auf einer Hochebene zwischen 1300 und 2000m machen wir Pause bei der "Mano del
Desierto" (Wüstenhand). Die 11 m hohe Skulptur steht unweit von Antofagasta und stellt die Opfer der Ungerechtigkeit und der Folter während der militärischen Diktatur dar. Leider ist Dummheit international, wie man an den Schmierereien erkennen kann.
Weil in dieser Breite zu dieser Jahreszeit die Sonne zu Mittag gerade im Zenit steht, ist mein Schatten sehr kurz.
Die O-Beine habe ich mir übrigens beim Reiten in der argentinischen Pampa
zugezogen.
Die Fahrt führt durch das chilenische Kupfer- und das ehemalige Salpeterbergbaugebiet. Der Schwerverkehr in dieser Region ist einer besonderen Erwähnung wert. Was hier an Bergbaumaschinen mit Riesenfahrzeugen verliefert wird ist unvorstellbar. Der Normalverkehr muss im Falle einer Begegnung von der Straße ins Gelände ausweichen! Als Entschädigung für leere 180 km die wir wegen einer nicht ausgeschilderten Umleitung zurücklegen mussten, erleben wir auf 2800 m Seehöhe einen
spektakulären Sonnenuntergang. Die Dämmerungsphase ist hier extrem kurz und die Nacht bricht rasch herein.
San Pedro de Atacama ist ein ganzjährig überlaufener Fremdenverkehrsort, mit allen Vor- und Nachteilen, die man sich leicht ausmalen kann. Als Ausgangspunkt für die Besichtigung vieler Naturschönheiten, die ja wiederum um die 100 km von hier entfernt sind kommt man um diesen Ort nicht herum. Dafür ist die Infrastruktur auf wirklich mitteleuropäischem Niveau, was sich allerdings auch in den Preisen niederschlägt. Dafür ist die Auswahl an gehobenen Restaurants, Hotels,
Hosterias und Hostels groß. Da die Nächte auch aufgrund der Höhenlage sehr kühl sind, schätzen wir das offene Feuer beim Abendessen. Auf dem Heimweg vom Restaurant beobachten wir den Vollmond, der kurz zuvor noch Jupiter bedeckt
hat.
© Text + Web: Wolfgang Raab, Bad Ischl, Austria, Arvid Puschnig, Hosteria Outsider, Puerto Varas, Chile