Reisebericht mit vielen Fotos von einer Chilereise vom November und Dezember 2012 |
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Unterwegs im Süden Patagoniens
Noch einmal ein Blick auf den Lago Viedma. Nach ca. 60 km kommt schon der noch größere Lago Argentino. Mit 1500 km² ist er dreimal so groß wie der Bodensee und nach dem Lago Buenos Aires, der allerdings zur Hälfte Chile gehört, der größte See Argentiniens.
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In El Calafate finden wir Quartier im Koi Mahik (Haus Mahik). Der deutschsprechende Argentinier ist eigentlich Schweizer mit österreichischen Wurzeln. Sein Bruder lebte in Hadres, NÖ, an der tschechischen Grenze. Er ist ein überaus redseliger und kommunikativer Typ, der uns bei der Bewirtung und Preisgestaltung sehr entgegenkommt, nachdem wir ihn auf sein tolles Angebot im Internet dezent erinnern.
Zum Perito-Moreno-Gletscher sind es noch einmal 70 km. Dieser ist die Hauptattraktion dieser Gegend. Er trägt den Namen nach Francisco Pascasio Moreno, genannt Perito Moreno, einem argentinischen Geographen und Entdecker, der insbesondere Patagonien sowie dessen Flora und Fauna beschrieb. Er ist Teil des als UNESCO-Weltnaturerbe eingestuften Nationalparks Los Glaciares. Von den Ausmaßen her ist er mit 250 km² nur halb so groß wie der Viedma Gletscher, den wir gestern besucht haben. Von den 170m Gesamthöhe ragen bis zu 60m aus dem Wasser. Pro Tag schiebt sich die Eismasse ungefähr einen Meter vorwärts.
Ein Teil des Gletschers blockiert zeitweise den Abfluss des Brazo Rico. Wenn die Eismassen dem Druck des Wassers nicht mehr standhalten können, bricht der "Eisdamm". Innerhalb weniger Stunden gleicht sich dann das Niveau der beiden Seen aus. Diese Ereignisse, Rupturas genannt, finden in immer kürzer werdenden Abständen statt. Früher alle 4-10 Jahre, jetzt beinahe jährlich. Dass ausgerechnet dieser Gletscher, wie von manchen Zeitgenossen behauptet, noch immer wächst, ist durch zahlreiche Artikel widerlegt. Arvid, der seit Jahren hierher kommt erzählt, dass die HÖHE des herausragenden Eises in den letzten Jahren mit Sicherheit um einige Meter abgenommen hat. Wenn auch die Flächenausdehnung gleich geblieben ist, so hat das Eisvolumen sicher abgenommen.
http://www.3sat.de/page/?source=/ard/121585/index.html
https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,473555,00.html
http://www.welt.de/wissenschaft/article2193762/Argentinischer_Gletscher_birst_erstmals_im_Winter.html
Perito-Moreno- Gletscher, Luftbild |
Lago Argentino Anfahrt zum Gletscher |
Die Situation | Der Gletscher drückt gegen das Ufer |
Regelmäßig brechen laut krachend Teile der ca. 5 km breiten Gletscherzunge in den Lago Argentino ab. Das Krachen ein- und abstürzender Eisblöcke ist weithin hörbar und des Öfteren auch sichtbar. Die zerklüftete Gletscheroberfläche ist lebensfeindliche Eiswüste.
Auf der Rückfahrt begegnen wir einer jugendlichen Reitertruppe. Bis zum
Abendessen, das hier frühestens ab 21 Uhr serviert wird, bleibt Zeit in die
"Großstadt" El Calafate zu fahren. Am Ufer des Lago Argentino gibt es
unzählige Flamingos, welchen man aber nur vom Ufer aus beobachten kann.
Mit laut Volkszählung 2013 heute 20530 Einwohnern (Zensus 2001 = 6410 Ew) ist El
Calafate eine rasant aufstrebende argentinische Stadt. Die Haupteinnahmequelle ist der Fremdenverkehr.
Von El Calafate aus kann man viele Touren bzw. Besichtigungen buchen. In der Hauptstraße wechseln
Andenkenläden und Restaurants ab. Nach dem Stadtbummel essen wir beim Hauswirt vorzügliches argentinisches
Rind. Auch der angebotene argentinische Rotwein lässt keine Wünsche offen. Der Besitzer feiert seinen 66-iger
mit der Familie und wir feiern
mit.
Von El Calafate nach Puerto Natales, unserem südlichsten
Quartier, sind es laut Routenplaner 280 km, die man in 4 Stunden Fahrzeit bewältigen
sollte. 70 km Schotterpiste und ein Grenzübergang verlängern aber die Fahrzeit
erheblich. Die auftauchenden Blütenpolster überraschen ebenso wie Radfahrer
die, wenn überhaupt, meist paarweise auftreten. 70km Schotterpiste ohne
irgendeine Zwischenstation bei maximal 9 km pro Stunde sind schon eine
Herausforderung. Der meist kräftig wehende Wind erleichtert das Radfahren
nicht, da er so gut wie nie als reiner Rückenwind auftritt.
Wie viele Beziehungen, Freundschaften und Ehen dadurch gebrochen oder auch zusammengeschweißt wurden,
wissen wir nicht und können es auch nicht erahnen.
In diesem Zusammenhang fallen mir erlebte und vermutete
Tiertragödien ein: In den tausenden Kilometern von Zäunen entlang der Straße sehen wir immer wieder
verendete Guanakos, die sich beim Übersetzen im Zaun verfangen haben. In den Ortschaften bzw. Städten
werden freilaufende Hunde, die jedes größere (!) Auto verbellen und verfolgen, überfahren. Rätselhaft ist für
mich die große Anzahl plattgeführter Hasen. Man sieht zwar kaum Langohren durch die Gegend hoppeln
und es ist äußerst wenig Verkehr auf den Straßen. Einzige Erklärung ist, dass die Häschen aus Einsamkeit
depressiv werden und sich in suizidaler Absicht vor die Autos werfen. Das Gegenteil muss mir erst einmal jemand
beweisen.
Des einen Tod, des andern Brot denkt sich der Geierfalke und sieht die Dinge aus einer anderen Perspektive.
An der Tankstelle in Tapi Aike geraten wir in ein regelrechtes Verkehrschaos:
Drei Fahrzeuge auf engstem
Raum! Kurz vor der chilenischen Grenze müssen wir möglichst viel Proviant aufessen, weil die
Einfuhrvorschriften streng sind. Glücklicherweise halten wir gerade an einer Schafkoppel und können die
Brotreste einer vernünftigen Verwendung zuführen.
Gleich nach dem Grenzübertritt wollen wir in Cerro Castillo übernachten, finden zwar kein Quartier aber eine
etwas seltsam anmutende Tankstelle. Die Zapfsäulen sind in den Hüttchen links und rechts versteckt. Der
Tankschlauch kommt aus der blauen Luke unterhalb des Fensters. Die Tankstelle ist nicht
besetzt. In 50 m Entfernung wohnt der Tankwart - Arvid weiß sogar, in welchem
Haus. Wir wollen ihn heute aber nicht belästigen. Jedenfalls ein Fall für das Denkmalamt.
Auf den 60km bis Puerto Natales ist leider auch kein annehmbares Quartier zu finden, was die Anreise zum Nationalpark
am nächsten Tag erheblich verlängert. Dafür kann ich ein bereits einmal versäumtes Fotomotiv einfangen.
Gauchos sind in Argentinien Menschen mit iberischer bzw. indigener Abstammung (Indios), die in den Pampas
Viehzucht betreiben. Einige typische Kennzeichen wie Lasso, Bola und rotes Halstuch sind erkennbar. Die
weiten Hosen sind Jeans gewichen und winddichte Jacken sind zweckmäßiger als ein wollener Poncho.
Die begleitenden Hunde halten hier eine Kuhherde zusammen. In der Geschichte Argentiniens spielten sie eine
wichtige Rolle als Soldaten und Revolutionäre, besonders in den Unabhängigkeitskriegen Südamerikas gegen
Spanien (1810-1825
Tankstelle in Tapi Aike | Deutlich ist hier zu sehen, woher der patagonische Wind weht. |
Tanstelle in Cerro Castillo |
Gauchos |
In Puerto Natales umkreisen wir die gesuchte Hosteria geschätzte dreimal, da eine großzügige
Gehsteigrenovierung eine Baustelle zur Folge hat hinter der sich unser Quartier verbirgt. Ich gewinne
insgesamt den Eindruck, dass sehr viel in die Verbesserung der Verkehrswege und in Ortsbildgestaltung
investiert wird.
Zum Abendessen gibt es wie immer Tierleichen, die man schon von der Straße aus bestaunen kann.
Die Qualität, Zubereitung und der Geschmack des Fleisches ist wirklich hervorragend, die Portionen sind
allerdings für Schwerstarbeiter bemessen.
Meine Sehnsucht nach Kaiserschmarren, Reisauflauf, Apfelstrudel bzw. nach vegetarischer Kost wächst.
Im Hostel treffen wir am Abend ein Salzburger und ein Dresdner Ehepaar. Es entspinnt sich eine angeregte Unterhaltung über das Reisen, bei der wir uns prächtig unterhalten. Laut Aussage Arvids ist heute sein Bett breit genug, also über 83,5 cm, und ich hoffe er kann gut schlafen.
Der Nationalpark Torres del Paine ("Türme des blauen Himmels") liegt rund 140 km nördlich der Stadt Puerto Natales. Die Anfahrt ist verhältnismäßig lang und wird durch Polizei (=Militär in Chile) behindert weil Übungen stattfinden. Wir müssen einen Umweg von einer Stunde in Kauf nehmen und fahren den Park aussichtsmäßig in verkehrter Richtung an. Das ist für das Fotografieren ganz schlecht, weil wir dadurch ständig das falsche Licht haben, wie man auf den Bildern bemerken wird. Die Fläche des Parks ist ca. 2500 km² und es gibt jede Menge imposanter Anblicke.
Nach den Besucherzahlen steht der Torres del Paine an dritter Stelle aller Nationalparks in Chile.
Name des Parks | Besucher 2012 | |
1. | Parque Nacional Vicente Pérez Rosales bei Puerto Varas | 332.000 |
2. | Reserva Nacional Los Flamencos bei San Pedro de Atacama | 220.000 |
3. | Parque Nacional Torres del Paine bei Puerto Natales | 143.000 |
Die erste Station ist der Lago Grey, in den der Grey Gletscher kalbt und hellblaue Eisberge hinterlässt, die zum
Abfluss driften. Bei der Wanderung am Strand komme ich mit einer netten Amerikanerin ins Gespräch.
Die mittleren Temperaturen hier liegen bei 11°C im Sommer und bei ca. 1°C im Winter. Beim Wandern und
bei verschiedenen Aussichtspunkten gibt es immer wieder imposante Aus- und Ansichten:
Besonders beeindruckend und geologisch interessant ist die Schichtung der Cuernos del Paine: In Meeresablagerungen (schwarz) wurde plutonisches Magma (Granite) eingepresst (hell). Gletscher legten dann diese Formationen frei.
Zum Jahreswechsel 2011/12 hat ein "umweltbewusster" Tourist durch Verbrennen seines Klopapiers (so seine bzw. seines Rechtsanwaltes Verteidigungslinie!) 10 km² im schönsten Teil des Parks abgefackelt.
Die Auswirkungen sind verheerend weil z.B. ein Pflanzenlehrpfad völlig vernichtet wurde. Wo hundert Pflanzenbeschilderungen waren, ist verbrannte Erde. Dennoch
finden sich vereinzelt Raritäten, wie diese Pantoffelblume.
Da es noch Schmelzwasser gibt, sind einige Flüsse besonders wasserreich.
Guanakos begegnet man auf Schritt und Tritt, die in den meisten Regionen Chiles zahm sind, weil sie dort nicht bejagd werden dürfen. Ihr Fleisch schmeckt vorzüglich und steht im Norden auf dem Speiseplan. Neben einem Nobelquartier macht dieses Fohlen mit Mutter und Bruder eine Siesta. Die Unterkünfte im Park sind übrigens sauteuer bis unerschwinglich. Auch hier nimmt man das Geld von den Lebenden.
Blick aus der Cueva del Milodón |
Nachbildung des Mylodons |
Wolfgang, der Mylodonbändiger |
iPad-Hülle Skelett, Mylodon |
© Text + Web: Wolfgang Raab, Bad Ischl, Austria, Arvid Puschnig, Hosteria Outsider, Puerto Varas, Chile